Freitag, 11. Mai 2012

Wie der kleine Braxton sich verliebte (2)

Fortsetzung!

Weiter gehts!
So, wo waren wir stehengeblieben?
Genau, Filmabend mit Stitch. Ich war total zufrieden in seiner Nähe. Alles war total entspannt.
Der Film war zu Ende, also weiter TV. Es lief irgendein Mist, Talk Talk Talk oder so.
Wir haben uns gegenseitig geärgert, ich habe mich wieder neben ihn gesetzt und ihm in die Seite geboxt, als er mich wieder aufgezogen hat. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen.
Wir haben uns gekabbelt wie kleine Kinder und uns gegenseitig vom Bett geschubst. Später am Abend habe ich mich einfach an ihn rangekuschelt nach dem Motto "Jetzt oder nie".
Er hat etwas verwirrt geguckt, sich aber nicht beschwert. Besser noch, er hat einen Arm um mich gelegt. Irgendwann wurden wir echt verdammt müde und langsam aber sicher sind wir eingeschlafen, immer noch in derselben gemütlichen Position. Mit dem Kopf an seinem Hals. Als er eingeschlafen war habe ich natürlich noch ordentlich den Arm um seinen Bauch geschlungen, damit er ja nicht unbemerkt flüchten konnte.
Nächsten Morgen war er vor mir wach, wie immer. Ich bin ein absoluter Langschläfer, er eher das Gegenteil. Schlaf braucht er nicht, um fit zu sein.
Ich wusste nicht, ob ich liegen bleiben oder aufstehen sollte. Ich wählte die Mitte, setzte mich neben ihn und sagte nichts, während er grinste. "Was war denn das gestern? Kriegst du zu wenig Liebe?" sagte er nur. Nicht böse oder sonstwie negativ, eher aufziehend. Wie immer eben.
Mehr als ein Grummeln konnte ich aber nicht von mir geben. Ich war noch saumüde, nicht in der Lage wirklich zu denken und schon gar nicht zu reden. Erst recht nicht über dieses Thema.
Aber er gab keine Ruhe. "Hättest du es gekonnt, hättest du dich auch in mich reingefressen. Wüsste Sven das, der wäre glatt eifersüchtig."
Boah, mein Lieblingsmensch schon wieder. Den hatte ich verdrängt. Jetzt konnte ich mich zum Sprechen durchringen: "Scheiß auf Sven."
"Du könntest immerhin so tun als ob du ihn magst."
"Wieso sollte ich? Du kennst mich gut genug um eh zu wissen, dass es gelogen wäre."
"Er ist echt nett."
"Hmmhmm, nett. Ich würds langweilig nennen. Was willst du mit dem? So gut sieht er nun auch nicht aus. Überhaupt hätte ich dir einen besseren Geschmack zugetraut und nicht so einen."
Okay, deutlicher konnte ich meine Abneigung nicht mehr in Worte fassen, das merkte Stitch nun auch. Er sah etwas niedergeschlagen aus, scheiße. Das wollte ich auch nicht, also fügte ich hinzu: "Aber das ist dein Bier, nicht meins. Wenn er dich glücklich macht, dann nimm ihn. Ich ertrag ihn schon irgendwie."
Und dann kam der Satz, mit dem er ins Schwarze traf, ohne es vorher zu wissen.
"Wenn man dir so zuhört könnte man fast meinen du wärst eifersüchtig. Als wärst du selber in mich verschossen." Autsch. Dazu muss ich sagen, dass ich echt nicht lügen kann, ich werde dann zum Sheldon Cooper. Ich werde rot und gucke auf den Boden, wenn es total unangenehm wird, stottere ich auch vor mich hin. Also die Wahrheit? Naja, nur ein bisschen... Meine Antwort: "Ich würd da nicht so drüber lachen an deiner Stelle. Womöglich hast du ja Recht. Ich muss los." Ich habe mir noch irgendeine dumme Ausrede einfallen lassen, aber an die erinnere ich mich nicht mehr. Ich müsste meine Tante helfen oder so. Und Zack war ich aus dem Zimmer verschwunden, mit hochrotem Kopf und Wabbelknien. Ich hab mich gefragt, warum ich mir das angetan hatte. Wie blöd bin ich auch?
Es hat dann keine zwei Stunden gedauert, bis Stitch angerufen hat. Wieder und wieder, aber ich wollte nicht rangehen, mir war das Thema unangenehm und ich wollte kein "Brax, hör mal, ich hab mich in Sven verliebt und du bist halt mein bester Freund" aus dem Hörer entnehmen.

Also Plan B! Ganz einfach entlieben. Hey mal echt, Romeo und Julia haben jeweils schlimmer gelitten als ich, also sollte ich auch das Jammern einstellen. Dann würde ich eben so tun, als wäre alles gut. Er war ja immer noch mein bester Freund, und wenn das so bleiben sollte, musste ich mich wohl oder übel zusammenreißen und notfalls auch Sven tolerieren. Wie ich das anstellen wollte, wusste ich selber noch nicht wirklich. Würde schon klappen. Irgendwie. Hoffte ich.
Okay, wie fängt man so eine Situation auf? Stitch ist nicht blöd und ich war mir sicher, dass er den Morgen richtig aufgefasst hatte. Vielleicht war es keine offene Liebeserklärung aber schon vielsagend genug.
Also so tun, als wäre es nicht passiert. Und wie fängt man damit am besten an?
Ich überlegte, ihm seine DVD's zu bringen. Die lagen schon seit Ewigkeiten bei mir rum und es wäre ein guter Grund, zu ihm zu gehen und zu zeigen, dass alles super ist.
Gut, der Plan stand also.

Ich stand vor der weißen Haustür, klingelte und klingelte, keiner machte auf. Ich überlegte, ob er mich gesehen haben könnte und keine Lust auf mich hat. Egal, nochmal klingeln, warten.
Währenddessen sah ich mich um, ich musste mich beruhigen. Soviel zum Thema Ganz cool bleiben!
Das Auto seiner Mutter war weg, also sturmfrei für ihn. Gut, dann wird er sicher grade Musik hören und die Klingel übertönen, redete ich mir ein. Echt, ich hatte zu dem Zeitpunkt echt Angst.
Na bitte, es kam jemand die Treppe runter. Und noch jemand. Oh neee, nicht Sven.
Stitch machte die Tür auf, in Boxershorts. Hätte ich an sich nichts gegen einzuwenden, aber im Hintergrund stand auch Sven, ebenfalls nur in Boxershorts. Na faaaantastisch. Ich wusste damals nicht ob ich wütend oder traurig oder sonstwas sein sollte.
"Was gibts, Brax? Hey, wenn du reden willst, ist das grade etwas schlecht." Irgendwie sah Stitch mich etwas mitleidig an.
"Nein," entgegnete ich, "Ich wollte dir nur deine DVD's bringen. Liegen bei mir schon ewig rum und ich dachte, du vermisst die vielleicht." Ich drückte sie ihm in die Hand. Darauf bedacht, ihn nicht zu berühren, das klappte ganz gut.
Dann musste sich Sven zu Wort melden:"Also, wenn Braxton Probleme hat, könnt ihr ruhig quatschen. Um ehrlich zu sein, muss ich jetzt eh los." Er wühlte in einer Tasche rum und zog sich im Hintergrund ganz beiläufig an. Stitch sah etwas verwundert aus, aber nicht lang.
Noch ein Tschüss gepaart mit einem viel zu langen Kuss und Sven war aus der Tür. Und ich kam mir hundeelend vor. 'Nicht heulen', dachte ich nur. Schaffte ich auch, glasige Augen hatte ich aber wohl trotzdem. Ein Spruch nach dem altbewährten Prinzip "Fliege oder so im Auge", ein gequältes Grinsen und weg war ich. Lief ja toll, dachte ich mir. Echt, zu dem Zeitpunkt war ich einfach nur noch sauer auf mich selbst.
Ich war ein paar Minuten gegangen, bis ich mich entschied, aufs Dach zu gehen. Also, nicht weil ich mich runterstürzen wollte oder ähnliches!
Das Dach ist der beste Ort zum Nachdenken. Es ist das alte Flachdach einer alten Fabrik oder so, jedenfalls steht das Gebäude da nur rum, manchmal gibt es dort Fotoshootings.
Stitch hatte mich damals mal mit hierher genommen. Es ist toll dort, du hast eine schöne Aussicht und kannst sicher sein, dass du deine Ruhe hast. Hinter dem Schornstein, an den man sich lehnen konnte, stehen immer ein paar Flaschen Bier. Nur an dem Tag nicht. Ironie des Schicksals.

Ich saß dort die ganze Zeit und bemitleidete mich selbst. Bis dahin wusste ich gar nicht, wie talentiert ich darin war. So hell war es mittlerweile nicht mehr, das trug nicht unbedingt zur guten Laune bei.
Und noch weniger trug Stitch zur guten Laune bei. Kennt ihr das wenn ihr allein sein wollt aber irgendwie nicht flüchten könnt? So ein Gefühl war das. Aber den Platz wollte ich auch nicht freiwillig räumen.
Ich saß am Schornstein, die Beine angewinkelt angezogen und den Kopf auf den Knien abgelegt, war einigermaßen gemütlich so.
"Willst du irgendwie alleine sein?", fragte er. Meine Antwort: "Ja. Will ich."
Und das, liebe Kinder, ist jetzt eine typische Stitch-Entgegnung: "Gut, dann bleibe ich."
Gesagt, getan. Er machte es sich neben mir bequem und fragte nach ein paar Minuten Stille, was mit mir los wäre. Ich sei in der letzten Zeit so komisch gewesen, irgendwie zickiger und nicht so gut drauf wie sonst. Was sollte ich darauf schon antworten außer "Hmmpf."
"Toll Braxton, damit kommen wir bestimmt weiter. Mann, äußer dich doch mal!"
"Nee."
"Wieso?"
"Ist peinlich."
"Du erzählst mir sonst auch alles peinliche."
"Hat ja auch nie mit dir zu tun sonst."
Daraufhin hielt er endlich mal den Mund. Aber nicht lange (er kann eine richtige Quatschtante sein, wenn er will!): "Das heißt, was du nach dem Abend, also am Morgen ja eigentlich, gesagt hast, war ernstgemeint?"
Okay, testen... "Was habe ich denn gesagt?"
Stitch:"Ich habe es so verstanden, dass du dich etwas in mich verknallt hast. Stimmt das?"
Jetzt kam der Stein ins Rollen, da konnte ich auch ehrlich sein. Lügen würde so oder so nicht helfen. Abgesehen davon, dass er mich durchschaut hätte. Also bejahte ich. Und feinfühlig, wie Stitch sein kann kam ein: "Echt jetzt?!" über seine Lippen. Dann aber ein ziemlich befreiendes: "Cool."
Ich dachte damals ich hätte es mir eingebildet, der Wind sei schuld oder sonstwas, darum fragte ich nochmal nach, aber er wiederholte es. "Cool."
"Was bitte ist daran cool?! Du bist mit Sven zusammen und dein bester Freund muss zugucken. Ja Stitch, wirklich ganz toll, richtig cool!" Mir ist damals echt der Kragen geplatzt.

"Sven und ich sind nicht zusammen. Er ist irgendwie langweilig, hast Recht. Aber ich wollte es immerhin versuchen. Außerdem heißt es doch, man soll sich über andere Männer mit neuen Männern hinwegtrösten."
Ich war zu blöd um das zu raffen, also meinte ich: "Du bist schon so lange mit deinem Ex getrennt, da willst du dich jetzt noch trösten?"
"Nein, du Vollidiot. Ich mag dich. Ich bin seit 2 Jahren in dich verliebt. Aber ich dachte es wird mal Zeit, mir jemanden zu suchen, der mich vielleicht ablenken könnte. Konnte doch nicht wissen, dass du dich in mich verknallt hast."
Ich weiß noch, dass mir fast schwindelig wurde, so kitschig das auch klingt. Außerdem hatte ich Angst, irgendeinen Mist zu erzählen. Wenn ich nervös bin, mache ich das nämlich immer.
"Braxton, das wäre der Moment, in dem du was sagen oder tun solltest. Mach einfach irgendwas."
Und was habe ich Held gemacht? Bin näher an ihn rangerutscht, hab mich an ihn gelehnt und gesagt: "Gut, dann wäre das ja geklärt. Ich mag dich und du mich. Alles super."
"Du bist so ein Romantiker." Er lachte und legte einen Arm um mich. Und ich wurde total rot, er lachte noch mehr. Ich konnte mich sogar zu einem 'Ich liebe dich' durchringen, welches auch zurückgegeben wurde, mit einem fetten Grinsen. Und dann haben wir uns geküsst. Habt ihr mal jemanden geküsst und konntet ihn danach nur halb sehen, weil ihr Sternchen vor den Augen hattet? Okay, zum Teil lag es auch an der Dunkelheit, aber ich schwöre, hätte ich nicht schon gesessen, hätte es mich von den Füßen gehauen. Wir saßen noch eine Weile schweigend nebeneinander, bis es zu kalt wurde.

Joa, das ist jetzt über drei Jahre her und es läuft immer noch problemlos.
Grade der letzte Teil beschreibt unsere Beziehung irgendwie gut. Stitch hatte nicht gefragt, seit wann ich auf Männer stehe oder irgendetwas in der Art. Da war ich ihm auch sehr dankbar für, es hätte den Moment nur noch komplizierter gemacht. Und ihm war es egal. Er wusste, dass es mir um ihn ging/geht und es ist schön, das sicher zu wissen, dass er es weiß.
Damals habe ich übrigens am nächsten Tag meine Schwester Jenn angerufen und gesagt, dass sie einen neuen Schwager hat. Sie hat etwas gebraucht, bis sie es verstanden hatte. Meine Schwester Hilary war damals in den Staaten bei Bryan und brüllte nur durch den Hörer "You've gotta be fucking kidding me!" Niemand war erstaunt, weil ich eben schon immer sehr weltoffen war und man bei mir mit allem möglichen rechnen muss.

So, das war's nun auch. Bei Fragen, ab zu formspring!


2 Kommentare:

  1. die geschichte ist so wunderschön!!!! ich hatte beim lesen wirklich tränen in den augen!
    großes kompliment =)

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  2. Ich bin gerade durch Zufall auf deinen Blog gestoßen und habe mir die Geschichte durchgelesen und.. oh Gott. Ich bin total gerührt. So wundervoll :x
    Ich wünsche euch viel viel Glück ♥

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